Dienstag, 1. Januar 2013
Vom Westen, vom Osten
Als bekannt wurde, wohin ich gerade gezogen war, gab es eine gut erkennbare Trennlinie: Mitmenschen aus Mittelosteuropa fanden es überwiegend großartig und waren interessiert, was ich dort machte. Mitmenschen aus Westeuropa fanden es überwiegend seltsam und konnten sich schwerlich vorstellen, was man dort solle. Die Trennlinie – der ehemalige Eiserne Vorhang.

Ich lernte einst in Polen einige Mit-Zwanziger kennen. Für sie war das Land ein Abenteuer. Für mich war es: „Hey, diesen Linoleumbelag hatten wir auch.“ Sie wünschten sich für ihre zukünftige Angetraute ein Leben als Haus- und Kinderbetreuung. Ich verstand sie nicht. Sie waren mir fremd. Nach einiger Recherche kam eine einfache Erkenntnis. Frau Mama war stets zu Hause gewesen. Im letzten Jahr hörte ich die Geschichte eines 15-Jährigen, dessen Mutter eine Teilzeitstelle aufgenommen hatte. Die Verwandtschaft hielt sie für eine Rabenmutter, das 15-jährige Kind war überfordert. Plötzlich gab es nur noch aufzuwärmendes, wenn auch vorgekochtes Essen aus dem Kühlschrank. Diese umfassenden Pflege ist eine Art soziokulturelles Gut. Diese Erkenntnis machte mir das Verhalten der Mit-Zwanziger, die alle aus dem Westen Deutschlands kamen, weniger fremd.
In ihrer wohlbehüteten Welt, sagen die Mit-Zwanziger aus diesen Gegenden, es sei ein Abenteuer, in Chemnitz zu studieren. Sie alle sind schneeweiß. Manchmal ist es förderlich, in ein anderes Land zu gehen, um die seltsamen Strukturen im eigenen Land zu erkennen.

Von da, wo ich nun wohne, gibt es einige seltsame Geschichten zu erzählen. Eine harmlose Geschichte ist, dass es fast keine elektronische Musikkultur gibt. Bei den wenigen Veranstaltungen elektronischer Musik sind Menschen zu finden, die landesübliche traditionelle Tänze in Ermangelung anderer Bewegungsformen zur Musik wählen. Die etwas Mutigeren orientieren sich an den bereits im Ausland gewesenen oder den wenigen, verirrten Ausländern. Im Sommer sei es besser, lasse ich mir sagen. Mehr Möglichkeiten im Grünen.

Die Natur und die Schönheiten des Landes gehören zu vielen Gesprächen mit den Einheimischen. Die beliebte Frage, ob es einem denn im Lande gefalle, bietet viele Bademöglichkeiten im Fettnapf.
Eine Videoreihe, die verschiedene Landesteile und Städte anpreist, zeigt einige Möglichkeiten auf. Eine Variante und ihre Parodie vom Versuch Tradition & Moderne unter einen Hut zu bringen:



Tradition & Moderne in Parodie



Besonders schön sind die Luftbilder zum Ende des Videos. So wunderbar bewaldete Flächen wie im ersten Video gibt es meist nur im Nationalpark. Im restlichen Lande wird mit Wintereinbruch das wenige an noch vorhandenem Wald abgeholzt, weil sich keiner die Kohle zum Heizen leisten kann...

[07.01.2014 Link ersetzt]
[20.07.2016 Link ersetzt]

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das parodie-video ist super und vor allen dingen superprofessionell! hat es denn auch einen abgewandelten text?

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Auch der Text wurde geändert, jedoch kann ich aufgrund eingeschränkter Georgischkenntnisse keine Übersetzung bieten.

Die Parodie kommt von einer der bekanntesten Satire-Gruppen des Landes.

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